Mein Sinn des Lebens

"There are only three things in life: To read poetry, to write poetry but, best of all, to live poetry." Jill Dawson

Mittwoch, 2. Juni 2010

Einsamkeit

Die Schreiberei bringt Einsamkeit und die Einsamkeit bringt wiederum Inspiration. Das sagte bereits Rilke, doch es ist eine Tatsache, die ich jedes Mal, wenn ich mich meinen geliebten Buchstabenschlösser widme, wieder erneut feststelle. Fernes Lachen dringt an mein Ohr, während in meiner Nähe nur das eilige Hämmern auf meiner Tastatur und mein eigener Atem zu vernehmen ist. Ich sitze alleine hier - alleine mit meinen unzähligen Gestalten aus Druckerschwärze und Papier. Sie lassen mich nicht los; bitten mich stumm darum, bei ihnen zu bleiben und ihre Geschichte niederzuschreiben. Und ich kann nicht wiederstehen, kann mich nicht abwenden, kann nicht unter die Lebenden zurückkehren.
So schwebe ich stets, auch wenn ich in Gesellschaft bin, über einem Buchstabenwölkchen über dieser; lausche mehr der Muse, die mir ins Ohr säuselt, als ich die wirkliche Konversation verfolge. Die Menschen, für deren Schicksal ich mich am meisten bekümmere, sind nicht wirklich Menschen, sondern meine eigenen Hirngespinste; Fiktionen, die sich in meinen Gedanken selbstständig zu machen scheinen und im Sammelsurium meiner Erinnerungen, Ängsten und Wünschen Splitter ihrer Existenz aufklauben. Jede Figur, die zwischen den Zeilen meiner Geschichten wandelt, ist ein Mosaik meiner selbst; eine Art alter ego der sich selbst erschafft und den ich erst entdecken, beobachten und zu verstehen lernen muss, bevor ich ihn in Worte fassen kann.
Das Schreiben wird so zu einer Kenntnis meiner selbst und der Facetten, die mir noch unbekannt bleiben. Demnach wird der Akt des Schreibens beinahe zu einer Zelebrierung der eigenen Person, unsterblich gemacht in allen Wörtern, Sätzen und Texten die ich jemals geschrieben habe. Dieses unbewusste Konzentrieren auf sich selbst führt einerseits natürlich zu einer tiefen Einsamkeit, da man geradezu vergisst, dass andere Menschen nicht fühlen, denken und handeln wie die Figuren, die dem Geist des Autors selbst entspringen - doch andererseits bin ich davon überzeugt, dass man ebendiese anderen Menschen ausschliesslich verstehen kann, wenn man sich selbst verstanden hat. Denn ist nicht jeder für einen Anderen "der Andere"? Gehört nicht jeder dieser anonymen Menge anderer Menschen an? Und ist der Autor somit nicht die Stimme dieser?
Schon Victor Hugo schreibt im Vorwort seiner Memoiren, dass er, indem er von sich selbst sprechen wird, die ganze Zeit über das Leben des Lesers niederschreiben wird. Schlussendlich durchleben wir schliesslich alle dieselben Ekstasen und Enttäuschungen, dieselben Freuden und Leiden.
Jeder Leser soll sich in meinen Texten wiedererkennen können.
Jeder soll sich in mir wiedererkennen können.

1 Kommentar:

  1. Wenn ich Deine Texte lese, atme ich dazu ganz ruhig und ganz flach. Als könnte ich den Zauber der Worte stören.
    Dann setzte ich mich draussen hin, trink einen Kaffee und denke darüber nach, was du gesagt hast.
    Und verstehe.
    KOMPLIMENT!
    Herzlichst
    Sternenzauber-Franziska

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