Mein Sinn des Lebens

"There are only three things in life: To read poetry, to write poetry but, best of all, to live poetry." Jill Dawson

Samstag, 30. Oktober 2010

Fehler

Eigentlich geht es in einer Geschichte meistens um einen Fehler, den die Hauptfigur begeht und den sie dann irgendwie beheben muss. Und was auch immer falsch gelaufen sein mag, am Ende ist doch sehr oft alles wieder in bester Ordnung.
Ich habe schon oft versucht, eine Geschichte zu schreiben, in der dem Protagonisten nichts zustösst und in der er auch nichts falsch macht; eine Geschichte wie wir alle sie selbst gerne erleben würden. Doch jedes Mal habe ich die Idee schnell wieder verworfen oder ertappte mich dabei, wie ich plötzlich doch etwas Unheilvolles oder Unangenehmes sich zwischen die Zeilen schleichen liess. Es ist schlicht unmöglich, eine Geschichte, in der niemandem, noch nicht einmal dem Leben selbst, ein Fehler unterläuft, zu schreiben. Ohne Problem gibt es keine Handlung. Ohne Handlung keine Geschichte. So einfach ist das.
Immer wieder habe ich mich gefragt, wieso ein Text über einen rundum glücklichen Menschen so langweilig ist - beschreibt er denn nicht genau das Leben, das wir uns wünschen? Beklagen wir uns nicht ständig über irgendetwas - zu viel Arbeit, Geldsorgen, Liebeskummer? Sehnen wir uns denn nicht alle nach einem ruhigen Leben, in dem es uns an nichts fehlt?
Erst dachte ich tatsächlich, dass dem so sei. Doch dann ist mir eine Szene in einem Film eingefallen, in dem ein Charakter zum anderen sagt, man solle nie jemandem versprechen, es werde ihm nie etwas zustossen - das könne doch nur furchtbar langweilig sein! Und da bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es mit dem Leben wie mit den Geschichten ist: Kein Problem, keine Handlung.
Ich möchte nicht behaupten, dass wir uns alle mit masochistischer Freude in unsere Sorgen stürzen und darin ertrinken sollen! Aber ist es nicht so, dass wir dafür existieren, unsere Probleme zu lösen? Was würde uns noch dazu antreiben, etwas zu unternehmen, wenn wir nicht die Hoffnung hätten, dass die Tat etwas bessern würde? Nur, weil wir uns ständig Veränderung wünschen, bewegen wir uns noch nach vorne, agieren wir.
Wenn man alles hat, wofür soll man dann noch leben? Für welche Ideale soll man kämpfen, für welche Träume soll man sich einsetzen?
Der Philosoph Leibniz sagte einst, dass man auf einem Gemälde, das nur aus Licht besteht, nichts erkennen kann. Erst die Schatten vervollständigen es und machen seine Schönheit sichtbar.
Ich denke, dass es sich mit dem Leben genauso verhält. Wer niemals unglücklich war, versteht auch nicht, was Glück ist. Und eine Geschichte, in der der Held sich nichts wünscht, sich für nichts investiert, über keine Hürden steigen muss und nichts unternehmen muss, um sein Schicksal zu verändern, ist keine Geschichte. Denn es ist der Weg zum Glück, den eine Geschichte erzählt. Und diesen Weg müssen wir alle gehen, um unser Happy End zu erlangen, mag er auch noch so lang und holprig sein.

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